Freie Szene zwischen „Irritation“ und konstruktiven Vorschlägen
Zettel, auf denen die Gäste ihre „Visionen“ für einen Musikcampus aufschreiben konnten, lagen auf den Stühlen der Aasee-Mensa. Die erste große Info-Veranstaltung, zu der Stadt und künftige Ankernutzer eines Musikcampus die Freie Szene eingeladen hatten, mündete allerdings noch nicht in konkrete Vorschläge, sondern blieb zeitweise bei „Irritationen“ und Grundsatzfragen stehen. Immerhin: Keiner der Diskutanten – 92 aus allen Musikbereichen hatten sich angemeldet – stellte das Konzept eines Musikcampus komplett in Frage. Generalmusikdirektor Golo Berg freilich zeigte sich bei manchem simplen Einwurf der Marke „Ich bin irritiert“ selber irritiert: „Ich verstehe nicht, dass Sie irritiert sind. Wir sind doch gerade hier, um Sie einzuladen, konstruktiv mitzumachen.“
Kulturdezernentin Cornelia Wilkens skizzierte eingangs noch einmal den baulichen Notstand der WWU-Musikhochschule, der Westfälischen Schule für Musik und des Sinfonieorchesters, strich Synergieeffekte heraus und begründete die Relevanz des Themas schlüssig damit, dass mittel- und unmittelbar rund 100 000 Menschen in Münster, also ein Drittel der Bevölkerung, mit Musik und ihren lokalen Institutionen in Berührung kommen. „Wir müssen investieren!“ so lautete eine ihrer Kernbotschaften.
Der Generalmusikdirektor beschwor den „Konsens“ unter allen Anwesenden, denen er ausnahmslos „Freude an der Musik“ bescheinigte. Ziel eines Campus sei vor allem „die gegenseitige Inspiration“. Er verspricht sich „Impulse durch Begegnung“, hofft und vertraut auf „die soziale Kraft der Musik“. Prof. Stephan Froleyks, Prodekan der Musikhochschule, ging thematisch in die Tiefe und nannte drei Aspekte, die der Campus realisieren könnte. Ihm schwebt etwa ein „Chorzentrum“ vor, ferner ein „Lehrzentrum für Musikrecht“, in dem rechtliche Fragen des modernen Musikbetriebs beleuchtet werden können. Auch als Lehr- und Lernort für „Musiktheorie“ könne der Campus Akzente setzen.
Friedrun Vollmer, Leiterin der Westfälischen Schule für Musik, deklinierte anhand eines Tagesplans unter dem Leitmotto „2500 Menschen in 17 Stunden“ schon einmal einen möglichen Tagesablauf am Campus durch. Vom ersten probenden studentischen Frühaufsteher bis zum festlichen Klassikkonzert am Abend.
Es dauerte etwas, bis die Vertreter der Freien Szene mit ihren Fragen und Sorgen tiefer in die Diskussion einstiegen. Kulturamtsleiterin Frauke Schnell fasste die Thesen zusammen. Es ging um die „rechte Balance“ zwischen Ankernutzern und Freier Szene, zwischen Profis und Laien, auch um die Integration weiterer Kunstsparten. Zuvorderst natürlich um ein erschwingliches Raumprogramm für die Freie Szene. Spürbares Anliegen war den Diskutanten zudem ein Betreibermodell inklusive einer Intendanz, die Entscheidungen trifft und Programme schmiedet. Auch interkulturelle Ansätze wurden gefordert. Gerade bei den Themen Migration und Inklusion konnte Musikschulleiterin Friedrun Vollmer auf die vorbildliche integrative Arbeit der Musikschule hinweisen.
Diese und weitere Anregungen werden gebündelt und fließen in einen Workshop ein, der am Samstag, 1. Februar, von 11 bis 14 Uhr im Tagungssaal der Aasee-Mensa stattfindet. Dazu liegen 60 Anmeldungen vor. Weitere Gäste mit konstruktiven Vorschlägen sind ausdrücklich willkommen. Anmeldungen per E-Mail an die Adresse 44_fsj-1@stadt-muenster.de.