»Schlagzeuger in der Champions League«
Stephan Froleyks steht seit eineinhalb Jahren als Dekan an der Spitze der Musikhochschule Münster. Seit ein paar Wochen ist er aber auch in Berlin gefragt – als gewähltes Mitglied der Akademie der Künste. Der Münsteraner erzählt, warum er auf dieses zusätzliche Amt große Lust hat.
Komponist, Klangkünstler, Instrumentenerfinder, Interpret – auf Stephan Froleyks trifft jede einzelne dieser Beschreibungen zu. Doch keine reicht aus, um sein umfassendes Engagement als Musiker ganz in den Blick zu bekommen.
Froleyks ist „von Haus“ aus Schlagzeuger und Tubist, war viele Jahre lang international als Freischaffender in der „Champions League“ seines Fachs unterwegs, übernahm im Jahr 2000 eine Professur für Schlagzeug und Musik anderer Kulturen an der Musikhochschule Münster und stieg 2011 in deren Leitungsgremium ein. Nun steht Froleyks seit anderthalb Jahren als Dekan an der Spitze der Musikhochschule, die 2004 als Fachbereich 15 in die Uni Münster eingegliedert wurde. Neben der eigenen künstlerischen Tätigkeit nämlich ist es Froleyks zunehmend wichtiger geworden, an einer bestmöglichen musikalischen Bildung mitzuarbeiten. Diverse Gremien, in denen er seitdem auch auf Landes- und Bundesebene tätig ist, bieten dazu Gelegenheit. „Was sowohl die künstlerische als auch die pädagogische Ausbildung an unserer Hochschule angeht, sind wir absolut zukunftsfähig. Aber auch ausbaufähig!“ betont Froleyks.
Seit ein paar Wochen ist Froleyks‘ Expertise zusätzlich gefragt: Er wurde zum Mitglied der Akademie der Künste in Berlin gewählt. Auf Lebenszeit. Die altehrwürdige, vor rund 325 Jahren gegründete Institution steht politischen Entscheidungsträgern in kulturellen Fragen beratend zur Seite. Minister, Parlamentarier, Politiker aus unterschiedlichsten Fachgebieten nutzen die Empfehlungen der Akademie, wenn es beispielsweise um sinnvolle Kulturförderung geht. „Wir sind so etwas wie der Ethikrat im Bereich Kunst und Kultur“, so Froleyks. Doch die in sechs thematische Sektionen untergliederte Akademie leistet weitaus mehr. „Es gibt Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Diskussionen – und damit einen regen Austausch über die Grenzen der einzelnen Disziplinen hinaus.“ Die Akademie als Ort der Begegnung und Vernetzung. Immer im Blick: die gesellschaftliche Relevanz von Kultur im umfassenden Sinn. Die Mitgliederliste der Akademie liest sich wie das „Who is who“ der Literaten, bildenden und darstellenden Künstler, Komponisten und, und, und. Stephan Froleyks gehört nun dazu. „Ich freue mich auf die Gespräche mit Kollegen, mit Architekten, Filmemachern und so vielen mehr. Ein Amt, auf das ich wirklich große Lust habe.“
Gleichwohl bleibt Münster, die Musikhochschule innerhalb der Universität und die Kulturlandschaft der gesamten Region der zentrale Ort der Arbeit von Stephan Froleyks. Besonders reizvoll und attraktiv geworden ist inzwischen die von ihm angestoßene Möglichkeit, am Fachbereich 15 zu promovieren. „Wir sind die erste Musikhochschule Deutschlands mit einem Doktorat in der Künstlerischen Forschung – und dies nach internationalen Standards. Nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Kunst bietet Wege zur Erkenntnis. Mehrere Dissertationen zum ‚Dr. philosophiae in artibus‘ sind bereits abgeschlossen oder befinden sich quasi auf der Zielgeraden.“
Und die eigene künstlerische Arbeit als Komponist, Solist oder Mitglied in einem der zahlreichen Spezialensembles, in denen Stephan Froleyks viele Jahre lang aktiv war? Die rückt angesichts der hochschulbezogenen Aufgaben ein wenig in den Hintergrund. Für einzelne und hochkarätige Projekte aber ist immer Zeit und das Vergnügen daran groß.
Auch das Publikum profitiert von Froleyks’ Kreativität, wenn er das von ihm erfundene Instrumentarium zum Klingen bringt. Da stehen dann Apparate wie Messertisch, Saitenwanne, geschweifte Tuba und Stahlklinger auf der Bühne – „musikalische Objets trouvés“, wie Froleyks sie nennt. Sie seien nun schon lange da. „Und ich muss mit ihnen auf der Höhe der Zeit agieren. Eine Geigerin muss üben… – ich auch.“ Es ginge nicht darum, auf diesen Unikaten zu spielen, sondern mit ihnen.
Natürlich tritt Froleyks auch nachdrücklich dafür ein, in Münster das Konzept des Musik-Campus zu realisieren. Der Dreiklang aus universitärer Musiker-Ausbildung, professioneller Praxis des städtischen Orchesters und breit angelegter, Generationen übergreifender Musikschulausbildung an einem Ort sei deutschlandweit ein einzigartiges, innovatives Modell und jede Investition wert.
„Die großen kulturellen Schritte der Stadt Münster wurden mit der Orchester- und (Hoch-)Schulgründung 1919 direkt nach dem Ersten Weltkrieg und in den frühen 1950ern mit dem Bau des Theaters unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg getan – also in Zeiten größter Krisen. Nun sollten wir wie unsere Vorfahren mutig und zukunftsorientiert sein“, bekennt Froleyks und weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dem Musik-Campus um ein im hohen Maße soziales, die Gemeinschaft förderndes und damit auch friedensstiftendes Vorhaben handelt. Süffisant konstatiert Froleyks: „Münster hat ein Talent dazu, Chancen zu verpassen. Meine innige Hoffnung ist, dass es dieses Mal nicht der Fall sein wird!“