Musik-Campus soll den Schlossgarten überragen (WN+)
Bislang gibt es noch nicht viele Festlegungen zum Musik-Campus, zumindest aber diese: Das Bauwerk soll auf einem Grundstück an der Ecke Einsteinstraße/Hittorstraße entstehen. Wie das Gebäude aussehen könnte, dazu referierte jetzt ein Experte. Seine Botschaft war klar.
Es hätte ein ruhiger Abend werden können. Gleich zu Beginn der Bürgerversammlung zum Musik-Campus im Hörsaalgebäude am Schlossplatz sagte der städtische Projektleiter Jörg Krause: „Wir reden heute Abend nicht über die Finanzen.“ Und der Referent, der aus Frankfurt angereiste Architekt Ferdinand Heide, fügte hinzu: „Wir reden auch nicht über Architektur.“
Auch andere Streitpunkte wie Betreiberkonzept oder die Einbindung der Freien Szene wurden ausgeklammert. Die gut 100 erschienenen Besucherinnen und Besucher sollten sich allein auf die Frage konzentrieren, was es städtebaulich heißt, auf dem vom Rat favorisierten Campus-Gelände am Schlossgarten ein Gebäudeensemble mit 30.000 Quadratmetern Nutzfläche unterzubringen. „Wir spielen einfach das durch, was geht“, so der Referent.
Ferdinand Heide erledigte diese Aufgabe souverän, in dem er maßstabsgetreue Styroporblöcke – mal eckig und mal rund, mal zusammen und mal verteilt – über das eigens dafür aufgebaute Münster-Modell gleiten ließ. Die Botschaft, die der Experte damit rüberbrachte und auch rüberbringen wollte: Es wird groß, hoch, wuchtig und dominant.
Großes Bauvolumen
Diese städtebaulich Dominanz, daran ließ Heide keinen Zweifel, müsse auch gewollt sein. Das Bauvolumen sei sehr groß und die politische Bedeutung für Stadt und Universität sehr groß. Der mindestens 15 Meter hohe Baukörper werde weithin sichtbar sein. Weiter benannte der Städteplaner, der mit der Erarbeitung „denkbarer städtebaulicher Varianten“ beauftragt worden war, Eckpunkte der weiteren Planung.
1. Die Erschließung sollte nicht über die Hittorfstraße erfolgen, sondern über die größere Einsteinstraße.
2. Der Musik-Campus sollte als Gebäudeensemble „ohne Rückseite“ gebaut werden – also als ein von allen Seiten einsehbares Gebäude. Das erhöht natürlich die Ansprüche an Architektur, Organisation und Platzbedarf.
3. Der Musik-Campus sollte eine direkte Wegebeziehung über die Schlossgräfte („Wenn man so ein Projekt anstrebt, muss man auch eine Brücke über den Schlossgraben bauen“) zum Schloss erhalten.
4. Das Campus-Projekt funktioniert nur dann, wenn es auch eine attraktive Wegebeziehung von der Altstadt über den Schlossplatz hinweg bis zum Campus gibt, was bisher nicht der Fall ist.
In einigen Varianten werden die verschiedenen Nutzungen – Konzertsäle, Musikhochschule, Westfälische Schule für Musik sowie verschiedene Nebennutzungen – in einem gemeinsamen Gebäude untergebracht, andere Varianten arbeiten mit verschiedenen Gebäuden. Eine „modulartige“ Vorgehensweise, diesen Hinweis zum Thema Finanzen erlaubte sich Heide dann doch, erlaube eine zeitversetzte Realisierung, also einen Baufortschritt nach Kassenlage.
Heide hatte die Aufgabe, den für den Campus erforderlichen Platzbedarf auf dem bis an die Schlossgräfte reichenden Grundstück zu visualisieren. Klar ist dabei geworden, dass es um mehr geht als darum, das alte Pharmaziegebäude an der Hittorfstraße abzureißen und durch den Musik-Campus zu ersetzen. Benötigt wird auch der benachbarte, alte Apothekergarten, sodass das Baufeld fast bis an das Kunstwerk Sanctuarium von Herman de Vries reicht.
Der Campus wird (und muss seiner Bedeutung nach) die Umgebung klar dominieren. Wir sind damit bei einer fast schon philosophischen Frage: Soll sich die Natur an dieser Stelle der Kultur unterordnen?
Erstaunt bis erschrocken
Das Publikum war ob der klaren Ansage des Referenten erstaunt, teilweise aber angesichts der Größe der Baukörper auch erschrocken. Das Universitätsschloss daneben wirkte im Münster-Modell daneben sehr klein. Der Architektur-Journalist verglich die städtebauliche Dominanz, die der Campus an der Einsteinstraße entfalten werde, mit dem LBS-Gebäude an der Himmelreichallee.
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Kommentar von Klaus Baumeister
Kultur dominiert Natur
Nein, vom „Hinterhof des Universitätsschlosses“ kann beim Musik-Campus keine Rede mehr sein. In allen vorgestellten städtebaulichen Varianten des Frankfurter Architekten Ferdinand Heide wird die Situation eher umgedreht: Der Campus ist so groß und wuchtig, dass die historische Zentrale der Uni daneben wirkt wie ein Legomodell.
Heide hatte die Aufgabe, den für den Campus erforderlichen Platzbedarf auf dem bis an die Schlossgräfte reichenden Grundstück zu visualisieren. Klar ist dabei geworden, dass es um mehr geht als darum, das alte Pharmaziegebäude an der Hittorfstraße abzureißen und durch den Musik-Campus zu ersetzen. Benötigt wird auch der benachbarte, alte Apothekergarten, sodass das Baufeld fast bis an das Kunstwerk Sanctuarium von Herman de Vries reicht.
Der Campus wird (und muss seiner Bedeutung nach) die Umgebung klar dominieren. Wir sind damit bei einer fast schon philosophischen Frage: Soll sich die Natur an dieser Stelle der Kultur unterordnen?